5. April – Der Fangesang (Palmsonntag)
Ja, die Jünger hatten damals einen richtigen Trubel veranstaltet… und in einer Art Fangesang haben sie dem in die Stadt Jerusalem einziehenden Jesus zugerufen „Hosanna dem Sohn Davids!“ (Mt 21,9). Ein Fangesang, ein Jubelgesang, der den Menschen damals einfach über die Lippen kam.
Sie haben ihre Hoffnung auf Veränderung, ihre Hoffnung auf Befreiung von der Besatzungmacht Rom auf diesen Mann gesetzt. – Welche Euphorie und Freude musste damals geherrscht haben!
Der Ruf „Hosanna dem Sohn Davids!“ ist ein Loblied auf einen König, der anders ist als alles, was man bis anhin kannte. Ein Loblied, ein Jubelgesang der alles aussagte: Jesus ist der verheissene König, der von König David abstammt, der von Gott geschickt, beziehungsweise eingesetzt wird. Jetzt ist er endlich da. Hosanna!
Solche Lobgesänge gab es schon immer. In Bezug auf Christus erlebten diese aber gerade im fränkischen Reich einen Höhepunkt. Man nennt sie die „laudes regiae“ – die Lobpreisungen des Königs. Der wohl bekannteste Ruf ist „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat“ (dt. Christus Sieger, Christus König, Christus Herrscher der Ewigkeit). Sie wurden während Prozessionen gesungen, während Hochfesten, zu Einsetzungen von Königen und Kaisern. Es waren regelrechte Fangesänge, die immer und immer wieder wiederholt wurden.
Solche Fangesänge kennen wir auch heute noch, wenn Tausende ihren Sporthelden in den grossen Stadien zujubeln. Der Mensch der Gegenwart geht auch für Vieles auf die Strasse und huldigt den unterschiedlichsten Menschen, ehrt und preist jene, die Aussergewöhnliches geleistet haben. Das ist gut und recht, denn Wertschätzung ist für den sozialen Zusammenhalt enorm wichtig.
Doch, so dürfen wir uns fragen: Wer würde heute für Jesus noch auf die Strasse gehen, ihm zurufen mit den Worten „Hosanna dem Sohne Davids!“? Sind unsere christlichen Fangesänge verstummt? – Ich bin der Meinung, dass sie zumindest leiser geworden sind. Vielleicht aus Vorsicht oder aus Bescheidenheit, vielleicht aus Angst und Unsicherheit. Doch gerade jetzt wäre es wichtig, als Gemeinschaft um Jesus, als christliche Fangemeinde diesem, unserem Erlöser Christus zuzurufen. Erinnern wir uns an seine Erlösertat und erinnern wir uns gegenseitig immer wieder neu daran.
Ja, denn es gilt auch heute noch, was damals die Fans gesungen haben: „Hosanna dem König Davids!“
Benjamin Meier