Bibelstellen Joh 6,48-51; 13,1-5

Ein Abendessen, das eigentlich eine ganz normale, übliche Mahlzeit hätte sein können. Nein. Es wurde zu einem Spezifikum, eine Besonderheit, ein Markenzeichen. Eine Tischgemeinschaft, an der ein Dutzend von Menschen an einem bestimmten Ort und in einer definierten Zeit teilnahm, verwandelte sich zum Kern des religiösen Lebens unzähliger Menschen aus allen Kontinenten, aus den verschiedensten Kulturen und Sprachen der Welt.

Die zwölf Jünger Jesu wussten damals in Jerusalem noch nicht, dass ihr Herr und Meister am nächsten Tag am Kreuz sterben würde und dass es das letzte gemeinsame Mahl mit Jesus war. Der Abend bescherte ihnen eine Doppelverwunderung. Nicht das gängige jüdische Gebet wird gesprochen, wie etwa: «Gesegnet seist Du, Gott, unser Gott, König des Universums, der viele Geschöpfe und deren Bedürfnisse geschaffen hat. Dank Dir für all das, was Du geschaffen, um alles Lebende zu erhalten. Gelobt sei Er, das Leben der Welten» (siehe Talmud), oder „Isst du dann und hast dich gesättigt, so segne Gott, deinen Gott, für das gute Land, das Er dir gegeben“ Dt8, 10).
Nein. Der Gastgeber Jesus spricht zum Brot „dies ist mein Leib…“, und zum Wein sagt „dies ist mein Blut“. Manche am Tisch erinnern sich bestimmt an die Rede des Meisters am See von Tiberias nach der Brotvermehrung. Das Johannesevangelium (Kapitel 6,60ff) berichtet von der Verwunderung, gar von der Empörung „vieler seiner Jünger“, nachdem sie zu hören bekamen, Jesus sei das Brot des Lebens, dieses Brot sei sein eigenes Fleisch, und er gebe sein Fleisch zur Speise und sein Blut zum Trank. Und an dem Abend bekommen sie die gleiche Rede zu hören. Schon wieder denken einige. Damit war jedoch die Verwunderung nicht zu Ende. Der Meister legt noch etwas dazu. Er steht auf und wäscht seinen Jüngern die Füße. Das ist doch allerhand!

Vornehme Leute würden dies ihre Dienstboten machen lassen. Wenn überhaupt … Aber Jesus ist scheinbar nicht so vornehm. Er scheut sich nicht, den Jüngern zu zeigen, worauf es ankommt: Nämlich anderen in Liebe zu dienen, sogar – wenn man sich dafür klein machen muss. Nicht viel später macht er sich am Kreuz klein für die Fehler der Menschen. Welch ein Gastgeber!

Damit erweist sich das letzte Abendmahl als ein bedeutungsvoller Moment. Jesus deutet sein Leben und sein gesamtes Wirken als Verzicht und Dienst; auf diesem Fundament werden die Sakramente der Eucharistie und des Priesteramtes instituiert. In der Feier der Eucharistie schöpfen wir an der Quelle dessen, der durch den Geist des Verzichtes nicht auf seinen göttlichen Status beharrte, um der Welt Leben zu geben.

Guter Gott, in Ehrfurcht erinnern wir uns an das Letzte Mahl deines Sohnes mit seinen Freunden und an die letzten Stunden Jesu. Dieses Mahl hat er uns zur Feier anvertraut. Er gibt sich zur Speise und zum Trank. Damit wir leben. Damit die Welt lebt. Denn Leben ist Verzicht und Dienst.

Abbé Zacharie