Kann ein Mensch als Dasein auf Sozialleben verzichten? Oder ist überhaupt ein Menschenleben ohne Sozialleben möglich? Solche Fragen stellen sich in Zusammenhang mit dem Leben von Katharina von Siena.

Geboren wurde sie am 25. März 1347 in Siena (Italien) als Caterina Benincasa, mitten in der Pestzeit. Sie war das zweitjüngste der 25 Kinder von Jacobo Benincasa und Lapa Di Puccio Di Piagente die zum Adel gehörten. Da die Familie verarmt war, musste ihr Vater als Wollfärber den Lebensunterhalt verdienen. Die meisten ihrer Geschwister starben früh an der Pest. Katharina wuchs ohne Ausbildung heran; Lesen und Schreiben lernte sie erst viel später.

Bereits als etwa sechsjähriges Kind habe ihre erste Vision: Sie soll den Heiland der Welt in bischöflichen Gewändern zusammen mit den Aposteln Petrus, Johannes und Paulus. Nach dieser Vision zog sich Katharina mehr und mehr zurück und sucht die Einsamkeit. Sie geisselte sich, betete, statt zu spielen, und ass immer weniger. In einer späteren weiteren Vision soll die Vermählung mit Christus erfolgen haben.

Auch wenn sich später Katharina in die Öffentlichkeit wagte und ihr Leben in den Dienst der Mitmenschen stellte, gönnte sie sich immer wieder eine Einsamkeit, in der sie in sich selbst zog, um den Sinn ihres wahren Daseins zu erkunden. Denn in der Welt sein hat nur Bedeutung, wenn das Dasein immer wieder die Kraft des Seins im Sich-Selbst-Sein schöpft. Und das Sich-selbst-sein entfaltet sich in der Begegnung mit dem Erlöser und Heiland der Welt, Jesus Christus. Ganz nach dem Beispiel von Katharina von Siena.

Abbé Zacharie