14. Mai – Ein heftiger Streit
Tageslesung Apg 15,7-21
Die Jünger haben gestritten und nicht nur einfach ein bisschen diskutiert. So lesen wir es in der Tageslesung aus der Apostelgeschichte.* Kaum vorstellbar, dass die Jünger, die Jesus persönlich kannten und mit ihm auf dem Weg waren, heftig streiten konnten.
Ein Streit ist eine offen und aktiv ausgetragene Meinungsverschiedenheit. Anscheinend war es nach Tod und Auferstehung Jesu nicht einfach so klar, wie es weitergehen sollte. Es war nicht klar, wer nun alles „missioniert“ werden und zu diesem erweiterten Kreis der Jüngerschaft gehören sollte.
Petrus, Johannes und Jakobus – die „drei Säulen – der Urgemeinde waren unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Meinungen. Dazu kam noch Paulus, der irgendwie nicht so recht in diesen Kreis gehörte. Alle mit Erfahrungen, die sie aus dem Leben vor der Begegnung mit Jesus weiter mitschleppten. Dazu kamen verschiedene Überzeugungen und auch die Unsicherheit, wer nun entscheiden soll, wenn Jesus nicht mehr da ist.
Diese grosse Verunsicherung in der die Jünger nach Tod und Auferstehung leben mussten, war Anlass dafür, dass einzelne in „altes Fahrwassers“ zurückfielen. Man ging zu dem zurück, was man kannte, was einem dieses Gefühl von Sicherheit gab. – Nicht umsonst gingen Petrus und andere Jünger nach Ostern einfach wieder fischen.
Doch es geschah auch, dass sie sich wirklich darüber stritten, was denn nun gilt. Nicht immer haben alle das Gleiche von Jesus gehört – er nahm ja auch nicht immer alle mit. So gab es unterschiedliche Auffassungen, wie die Anweisungen oder Andeutungen von Jesus umzusetzen sind. Gilt jetz dies oder jenes? Was müssen wir tun? Was dürfen wir nicht? Wo sind die Grenzen?
Das Streiten oder besser das Streitgespräch gehört zum sozialen Leben und auch zum Glauben. Es dient der gemeinsamen Suche nach der Wahrheit, nach dem richtigen Weg. Es dient der Suche nach einem Konsens oder einem pragmatischen Kompromiss. Es gibt Meinungsverschiedenheiten, es gibt unterschiedliche Ansichten. Wenn wir die offen miteinander teilen können wir voneinander lernen, andere Argumente (im Englischen heisst streiten „to argue“) hören, verstehen und den Weg gemeinsam weiter gehen.
Dabei dürfen wir uns vom Heiligen Geist geleitet wissen. Er ist es, der uns zueinander führt und uns den Weg weist. So war es auch im Streit unter den Jüngern. – Jakobus stand auf und wies darauf hin, dass Gott schon an vielen Orten gewirkt hat und dabei seinem Heiligen Geist keine Grenzen gesetzt hat. Dieser Geist, der nicht davor zurückschreckt anscheinend „Altbewährtes“ zu hinterfragen und aufzuweichen, dieser Geist, der anregt Neues zu wagen, sich auf unbekannte Pfade zu begegeben. Streiten kann also eine echt „heilige Sache“ sein.
Benjamin Meier
* Hintergrundinformation: Ursprung des Streites ist die Uneinigkeit darüber, ob auch Heiden alle jüdischen Gebote inklusive der Beschneidung zu halten haben. Da dies, auch aufgrund der Anzahl eine unglaubliche Last bedeutete, die auch den Juden eigentlich zu gross war, hat man sich zu einem pragmatischen Entscheid durchgerungen (siehe Vers 20).