Tagesevangelium Joh 21,20-25

Viele Märchen enden mit der literarischen Floskel „und wenn sie nicht gestorben sind…“. Es endet mit der Vorstellung, dass die glückliche Zeit niemals enden soll. Eine Hoffnung, die wir alle in uns tragen, die aber leider auch immer wieder der brutalen Realität zum Opfer fällt. Es gibt Brüche, Enttäuschungen, die uns zwingen, die rosarote Brille auf die Seite zu legen.

Der heutige Evangeliumsabschnitt umfasst die letzten fünf Verse des Johannesevangeliums. Nebst dem, dass auch in diesen letzten Versen Petrus nicht so gut wegkommt und von Jesus zurechtgewiesen wird, endet das Evangelium des Johannes mit den Worten:

„Es gibt aber noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wenn man alles aufschreiben wollte, so könnte, wie ich glaube, die ganze Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müsste.“ (Joh 21,25)

Zum Einen ist es die blosse Feststellung, dass man nie alles aufschreiben kann, was im eigenen Leben oder aber auch im Leben anderer alles geschehen ist. Zum Anderen verweist es aber auch auf die Grösse Jesu Christi, von Gott, den man mit einer einfachen Schrift niemals „einfangen“ kann. Es ist nie genügend, und bleibt immer mangelhaft. Und, es ist die Erkenntnis, dass man von Jesus niemals genug erzählen kann. Es ist unser aller Auftrag, als Christ und Christin durch unsere Leben und unsere Möglichkeiten, Christus zu verkünden. Menschen von ihm zu erzählen, was er getan hat, wie er gelebt hat, was er uns bis heute zu sagen hat.

Durch das Erzählen bekommt die Geschichte Jesu immer eine persönliche Note, wird authentisch und kann ausstrahlen. Das ist immer besser, als wenn wir nur Bibliotheken mit Büchern füllen würden. – Und vermutlich ist das auch der insgeheime Wunsch des Autors des Johannesevangeliums.

Was klar ist: obwohl die Geschichte um Jesus definitiv kein Märchen ist, endet das Johannesevangelium märchenhaft.

Benjamin Meier